Leider ist die Umstellung von Eisen auf barhuf nicht immer so problemlos, wie man es sich wünscht.
Es gibt prinzipiell zwei Situationen:
- man stellt ein Pferd, das mit Eisen gut zurecht kam, auf barhuf um, oder
- man hat ein Pferd vor sich, das entweder Hufprobleme hat, die unter Beschlag nicht zu beheben sind, oder das wegen der schlechten Hornqualität gar nicht mehr beschlagen werden kann.
Man sollte meinen, im ersteren Fall müsste die Umstellung in aller Regel gut gelingen. Allerdings, wenn man genauer hinsieht, ist so oft die Hufsituation eben doch nicht so rosig, wie sie dem Besitzer vorkam. Zwanghuf, untergeschobene Trachten, zu lange Zehen, schwacher Strahl, spröde Wände – die Liste ist lang. Das Pferd barhuf laufen zu lassen ist gewiss nicht in jedem Fall die einzige mögliche Lösung; das mit Abstand häufigste Hufproblem sind die zu langen Beschlagsintervalle. Oft hilft es auch, bis zur Besserung einen mit Problemhufen erfahreneren Schmied um Hilfe zu bitten.
Wie wird der Übergang vorbereitet?
Am besten wartet man nicht, bis der Beschlag überfällig ist, um die Eisen abzunehmen. Nehmen Sie sie etwa 4 Wochen nach dem Beschlagen ab. Dann sind die Hufe noch einigermassen in Form, die Stellung ist ok, die Wände sind nicht zu lang, und es ist genug Horn vorhanden, dass das Pferd nicht gleich auf den Felgen läuft. Bitten Sie Ihren Hufbearbeiter, nur die Kanten abzurunden, und den Huf sonst in Ruhe zu lassen. Denken Sie auch daran, beim letzten Beschlag schon das erste Mal HoofArmor aufzutragen, und nach dem abnehmen wieder. Und – vor allem – besorgen Sie sich passende Hufschuhe! die bekommt man gebraucht, oder man kann sie mieten, so dass man sich nicht in grosse Unkosten stürzen muss, um nach zwei Monaten dann eine andere Grösse zu benötigen.
Probleme
Leider kommt dann oft die Ernüchterung: Die Eisen sind weg, der Huf ist hübsch ausgeschnitten und geraspelt, und das Pferd kommt in den Stall (oder auf die Weide) zurück. Schon beim zurück führen merkt man, dass das Pferd vorsichtig auftritt und wegen Kieselsteinen sogar manchmal einknickt – es ist fühlig. OK, es hat ja, Zeit, sich auf der Weide an den neuen Zustand zu gewöhnen. Einige Tage später sind die Hufränder völlig zerfleddert, die Hufe sind warm, und das Pferd bewegt sich kaum mehr freiwillig. Was ist passiert?
Verschiedene Faktoren werden für Hufschmerzen beim Umstellen verantwortlich gemacht:
- die zu dünne Sohle, die beim beschlagenen Huf kaum Belastung erfährt, und ausserdem immer wieder «sauber», d.h. bis in die kompakte Schicht hinein ausgeschnitten wurde;
- der zu schwache Strahl, der nie belastet wurde und nun plötzlich Bodenkontakt hat – auch er wird beim beschlagenen Huf immer wieder «sauber» zurückgeschnitten;
- das Innere des Hufes, das sogenannte Hufpolster sowie die Hufknorpel, die den grössten Teil der Schockabsorption abfedern sollten, sind durch die jahrelange Inaktivität unterentwickelt;
- die Wände, die sich durch jahrelangen Beschlag nur im hinteren Teil des Hufes, nur in geringem Mass, und nur in einer Dimension bewegen konnten. Die Hufwände eines Barhufs bewegt sich in allen drei Dimensionen: plötzlich wirken Kräfte auf die Blättchenschicht, die Ballen werden vertikal gegeneinander verschoben, und der Hufmechanismus, insbesondere die Weitung der Trachten, kann plötzlich frei spielen;
- In vielen Fällen schmerzt ausserdem Strahlfäulebefall, der bis auf die Huflederhaut geht;
- der Strahl steht bei einem Huf mit flacher Sohlenwölbung zu tief und muss plötzlich zu viel Gewicht aufnehmen;
- oder die Eckstreben werden nicht auf Sohlenhöhe gekürzt, und üben punktuellen Druck auf die Sohlenlederhaut aus.
Wann wieder reiten?
Leider sorgt auch oft der Reiter für Probleme, wenn er glaubt, er könne das frisch umgestellte Pferd sofort wieder reiten wie zuvor. Wenn man wenigstens Hufschuhe verwenden würde, aber es gibt auch genügend Humoristen, die gleich barhuf losreiten, und die sich dann wundern, wenn das Pferd nach ein paar Tagen platt ist...
Der Betreiber einer tierärztlichen Hufklinik in der Schweiz hatte für frisch umgestellte Pferde ein Bewegungsareal, wo ein Bereich mit Gummigranulat, und der Rest mit einem Hartbelag ausgestattet war. Die frisch umgestellten Pferde brauchten 1-3 Monate (im Schnitt 6-8 Wochen), bis sie sich freiwillig auf den Hartboden begaben. Natürlich waren dies mehrheitlich Problemfälle, aber man sollte dem Pferd diese Zeit auf jeden Fall geben, bevor man die Hufe wieder durch Reiten belastet.
In dieser ersten Zeit wird jeder Huf hässlich aussehen, bis die Nagellöcher ausgebrochen sind. Man kann in der Zeit selber die Hufränder regelmässig abrunden, damit bei dem Prozess nicht auch noch die Blättchenschicht weggespreizt wird.
Im ersten Jahr nach der Umstellung, beziehungsweise mindestens bis der Huf einmal ganz durchgewachsen ist, sollte man auf jeden Fall gut passende Hufschuhe bereit halten, und wenn nötig auch nutzen.
Wie weiter?
In den ersten Monaten sollten die Hufe so lange alle 3-4 Wochen bearbeitet werden, bis sie einigermassen in Balance gebracht sind. Das kann ein Vierteljahr oder ein Jahr und länger dauern – je nachdem, wie schlimm die Ausgangssituation war. Ganz schlecht ist, eine entgleiste Hufsituation auch barhuf weiter zu vernachlässigen. Solche Hufe werden unweigerlich früher oder später wieder beschlagen, oder aber das Pferd leidet jahrelang still vor sich hin. Das ist leider nicht selten; viele Pferdebesitzer sind da gnadenlos, weil sie einfach nicht sehen, dass ihr Pferd fühlig läuft - oder sie denken, das sei bei Barhufern normal.
Leider kann auch nach einer an sich erfolgreichen, sorgfältigen Umstellung nie garantiert werden, dass das Pferd nun ohne Hufschutz geritten werden kann. Ein erreichbares Ziel ist in der Regel, dass es mit Hufschuhen uneingeschränkt genutzt werden kann – aber ich finde, es müsste auch in unserem Gelände (Kies- und Schotterwege, Asphalt, Gebirgspfade) mehr möglich sein.
Meine Pferde sind seit 8 bzw. 9 Jahren barhuf. Die Hornqualität hat sich im ersten Jahr massiv verbessert, und wir schaffen es, je nach Jahreszeit, dass ich pro Woche ca. 2-4 Stunden (ca. 25-30km) in allen Gangarten im Gelände reiten kann. Will ich mehr, muss auch ich Hufschuhe montieren, sonst werden die Pferde fühlig. Ich empfinde diese Leistung als durchschnittlich; dies müsste für einen grossen Teil der Barhufer möglich sein.
(Autor: Regula Bucher)